Brillante Fingerfertigkeit - WK, 03.03.2016

Elizaveta Ukrainskaia gewinnt europäischen Klavierwettbewerb und den Publikumspreis der Bremer Tageszeitungen AG

Die 19 Jahre alte Russin Elizaveta Ukrainskai gewinnt den europäischen Klavierwettbewerb und den Publikumspreis, der von den Bremer Tageszeitungen AG vergaben wird. Insgesamt hatten es drei junge Talente in die letzte Runde der 15. Ausgabe des Wettbewerbs geschafft und interpretierten in der Glocke jeweils ein Klavierkonzert.

Preistraeger-2016

Die Preisträger des Europäischen Klavierwettbewerbs 2016 nach dem Konzert in der Glocke.
Von links: 2. Preis: Alina-Elena Bercu, 1. Siegerin und Publikumspreis, Elizaveta Ukrainskaia, 3. Preis: Sergey Tanin. (Foto: Frank Pusch)

Als erstes betrat Alina-Elena Bercu aus Rumänien die Bühne. Sie hatte sich für die Interpretation des zweiten Klavierkonzerts op. 18 von Sergej Rachmaninow entschieden. Eine Folge von acht Akkorden, ausgeführt vom zartesten Pianissimo bis hin zum Fortissimo, leiteten den schnellen, virtuosen Beginn der Solistin ein. Die traurige Melodie in c-Moll wurde zuerst im Orchester hörbar. Die begleitenden, wirbelnden Läufe der Pianistin waren dabei nicht ganz präzise mit den Bremer Philharmonikern zusammen. Diese minimalen Ungenauigkeiten änderten nichts an dem guten Gesamteindruck Bercus. Mit ihrem weichen Anschlag produzierte sie einen klaren, direkten Sound, der sich auch in den leisen Stellen von dem Klang des Orchesters absetzte. Beeindruckend waren zudem die Fingerfertigkeit und die rhythmische Stabilität. Gekonnt wechselte im zweiten Satz die sehnsuchtsvolle Melodie zwischen der Solistin und den Holzbläsern hin und her. Die leichten Tempovariationen der Pianistin, passten dabei zum Charakter des Stückes. Im letzten Satz wirkten die Akkorde etwas zaghaft. Im Gegensatz hierzu spielte Bercu die schnellen Läufe sicherer. Am Ende entschied sich die Jury dazu, ihr den zweiten Preis zu verleihen.

Als zweites spielte der junge Russe Sergey Tanin das Klavierkonzert Nr. 4 op. 58 von Ludwig van Beethoven. Im ersten Satz wechselten sich spitze Staccati mit gesungenen Anschnitten im Legato ab. Die begleitende linke Hand klang im Vergleich zur rechten manchmal etwas zu leise. Die Sechzehntel-Läufe führte Tanin hingegen technisch perfekt aus. Bei der Interpretation dieses Beethoven-Konzerts fehlten die dynamischen Kontraste. Besonders in den Forte-Stellen hätte der Klang voller sein können, während er die leisen Stellen überzeugend und gefühlvoll spielte. Am Ende brachte ihm diese Performance den dritten Preis ein. Zum Schluss trat die spätere Siegerin, die 19-jährige Russin Elizaveta Ukrainskaia, auf. Anders als bei den zwei Musikern davor, gelang es ihr in der Interpretation des ersten Klavierkonzerts von Pjotr Tschaikowsky, eine größere Palette an Klangfarben zu erzeugen. Zierliche Piani wechselten sich mit kraftvollen Forte-Stellen ab. Hervorragend gestaltete sie die parallelen Oktav-Läufe, die selbst im Zusammenspiel mit dem Orchester noch gut wahrnehmbar waren.

Im zweiten Satz übernahm sie wie selbstverständlich die Melodie der Solo-Flöte und führte die musikalische Idee fort. Im letzten Allegro con fuoco zeigte sie ihre brillante Fingerfertigkeit und führte die schnellen Läufe in höchster Präzision aus. Diese kulminierten zum Schluss in einem beeindruckenden Fortissimo-Unisono mit dem Orchester und sorgten für einen gelungenen Abschluss dieses Finales, das auf höchstem musikalischen Niveau stattfand. Mit ihrem langen, kastanienbraunen Haar und dem weißen Abendkleid entzückte Elizaveta Ukrainskaia neben der Jury auch das fachkundige Publikum. Der von der Bremer Tageszeitungen AG gestiftete und mit 2000 Euro dotierte Preis ging ebenfalls an die jüngste Teilnehmerin des Wettbewerbs. Ein besonderer Dank ging an die Bremer Philharmoniker, die trotz geringer Vorbereitung, die Solisten vorbildlich begleiteten.

Der Wettbewerb in "Funk und Fernsehen"

Hören Sie ein Interview über den Klavierwettbewerb in der “Musikzeit” im Nordwestradio am 13.02.2016 mit Wilfried Schäper und Katharina-Nora Tiedtke
Anhand der folgenden Links erreichen Sie verschiedene Internetseiten, die über den Klavierwettbewerb berichten:
1. Beitrag in buten un binnen am 26.02.2016
2. Beitrag bei SAT.1 - REGIONAL am 25.02.2016
3. Tip im Ersten
4. Interview mit dem Duo Tal & Groethuysen im Magazin “Concerti”


Eröffnungskonzert mit dem Duo Tal & Groethuysen - WK, 21.02.2016

Eröffnungskonzert - Besprechung im Weser Kurier, 20.02.2016



Konstanze Eickhorst im Interview - WK, 19.02.2016

Europäischer Klavierwettbewerb ist hohe Messlatte
Seit über 20 Jahren haben junge Pianisten beim Europäischen Klavierwettbewerb Bremen die Möglichkeit, sich vor Publikum zu präsentieren. Konstanze Eickhorst sitzt in der Jury und spricht über den Preis.

Frau Eickhorst, dieses Jahr gab es 95 Anmeldungen beim Europäischen Klavierwettbewerb Bremen – so viele wie noch nie. Wie erklären Sie sich die dieses Mal sehr hohe Zahl an Teilnehmern?

Konstanze Eickhorst: Der Wettbewerb hat mittlerweile schon eine wirkliche Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Wir sind vernetzter denn je, sind im Konzert der Wettbewerbe mittlerweile ein Begriff. Es spricht sich herum, dass dies ein Wettbewerb ist, der einen hohen künstlerischen Anspruch hat und sich um seine Teilnehmer kümmert. Ein wichtiger Teil der Juryarbeit besteht darin, die ausgeschiedenen Teilnehmer zu beraten. Auf diese Weise profitieren auch diejenigen, die keinen vorzeigbaren Gewinn mit nach Hause nehmen. Es soll niemand als Verlierer dastehen. Wir versuchen, ein gutes Umfeld zu schaffen, damit sich alle wohlfühlen und ihr Bestes geben können. Die Teilnehmer sind gemeinsam in der Jugendherberge untergebracht, wo gute Übungsmöglichkeiten vorhanden sind und wo außerdem Kontakte untereinander geknüpft werden können. Professoren, die den Wettbewerb als Juroren kennengelernt haben, ermuntern ihre Studenten zur Teilnahme bei uns – das ist schön zu sehen.

Wie definieren Sie den hohen künstlerischen Anspruch des Wettbewerbs?
Das verlangte Repertoire ist sehr herausfordernd. Gleich in der ersten Runde müssen die jungen Pianisten ein Programm von bis zu vierzig Minuten gestalten – insgesamt kommt man auf drei Stunden Spielzeit plus Klavierkonzert im Finale. Ein solche Fülle an Repertoire muss erst einmal bewältigt und vorbereitet werden. Das ist eine hohe künstlerische und physische Messlatte, die aufgelegt wird. Es bleibt immer ein wenig ein Lotteriespiel: Da wir keine Vorauswahl haben, werden alle Bewerber zugelassen, die eine professionelle Ausbildung nachweisen können. Das Niveau des Wettbewerbs zeigt sich in der ersten Runde, und wenn wir dann im Semifinale sechs wirklichen Pianistenpersönlichkeiten zuhören, dann stimmt der Anspruch.

Welchen Stellenwert hat ein Kräftemessen wie das in Bremen für die Laufbahn eines jungen Musikers?
Wenn man einen ersten Preis beim Europäischen Klavierwettbewerb Bremen in den Lebenslauf schreiben kann, ist das schon eine gute Visitenkarte – zum Beispiel bei Bewerbungen bei den ganz großen Wettbewerben. Aber auch bei Konzertveranstaltern kann man damit durchaus punkten. Mehrere der Bremer Preisträger haben ihre hier gesammelte Erfahrung gut nutzen können und haben kurz darauf große Konkurrenzen wie den Chopin-Wettbewerb gewonnen. Aber auch diejenigen, die früh ausscheiden, profitieren von ihrer Teilnahme.

Warum?
Man muss sich über Monate konzentriert ein großes Programm erarbeiten und sich mit den diversen Werken intensiv auseinandersetzen. Das bringt einen weiter und ist ein wichtiger Teil der künstlerischen und pianistischen Entwicklung. Man lernt sich selbst und die eigenen Fähigkeiten kennen, muss sich auf Stress- und Drucksituationen einstellen. Man kann abschätzen, ob das wirklich der Lebensweg ist, den man gehen kann und möchte.

Beim Bremer Wettbewerb spielt das Publikum eine wichtige Rolle. Warum eigentlich?
Das Publikum ist immer wichtig für die Atmosphäre, und in Bremen sind wir ganz glücklich, dass es mittlerweile schon von der ersten Runde an treue Stammhörer gibt, die in den Sendesaal kommen. Ein Wettbewerb ist im Grunde genommen ein ganz langes Konzert, keine Prüfung. Außerdem vergeben die Bremer Zuhörer nach dem Finale einen Publikumspreis – es ist immer wieder fantastisch mitzubekommen, wie enthusiastisch es da zugeht.

Manchmal ist das Publikum nicht unbedingt zufrieden mit der Wertung der Jury. 2014 gab es Buh-Rufe, weil Sie dem Favoriten des Publikums, Vasyl Kotys, nur den dritten Platz zuerkannt haben.
Es gibt immer Nebenschauplätze. Herr Kotys hatte bereits 2012 teilgenommen und daher einen gewissen Bekanntheitsgrad. Außerdem hatte gerade der Ukraine-Konflikt begonnen, und auch von daher war der Ukrainer Vasyl Kotys vielen einfach sympathisch. Das kann aber für die Jury nicht ausschlaggebend sein.

Wie gehen Sie als Jury mit dem Unmut des Publikums um?
Wir müssen damit leben, sind darüber aber natürlich nicht glücklich. Aber wir werden unseren künstlerischen Ansprüchen nur gerecht, wenn nach möglichst objektiven Kriterien die Punkte verteilt werden. Das tun wir aufgrund der Leistung, die wir erlebt haben.

Dieses Erleben ist aber auch subjektiv.
Deshalb sind wir zu siebt in der Jury, um da möglichst viel Ausgleich zu schaffen. Und wir haben uns als Jury bis zum Finale schon tiefgehende Eindrücke über die spielerischen und musikalischen Qualitäten verschaffen können, weil wir die Teilnehmer von Anfang an hören. Nicht alle Finalbesucher, die beim Publikumspreis ihre Stimme abgeben, haben alle Runden vorher besucht.

Sie haben vorhin erwähnt, dass die Teilnehmer in der Jugendherberge untergebracht sind. Ist das nicht heikel: Alle Konkurrenten unter einem Dach?
Es ist im Gegenteil so, dass oft eine schöne Gemeinschaft entsteht, und die Teilnehmer sich nicht mehr als Konkurrenten begreifen, sondern eher als Kollegen. Häufig sitzen diejenigen, die bereits ausgeschieden sind, bei den nächsten Durchgängen und hören konzentriert zu. Der Austausch untereinander ist sehr rege.

Vielleicht ja auch über die zeitgenössische Komposition, die für den Wettbewerb einstudiert werden muss – eine weitere Spezialität des Bremer Wettbewerbs. Werden Sie diese beibehalten? Ich finde diese Auftragskompositionen unglaublich wichtig für die jungen Leute, aber auch für die Aktualität des Wettbewerbs. Oft kommt die Komponistin oder der Komponist nach Bremen, um mit den Teilnehmern über das Stück zu diskutieren. So können die jungen Leute in die Gedankenwelt eines lebenden Komponisten eintauchen – das geht bei Bach, Beethoven und Mozart leider nicht mehr.

Für die Nachwuchs-Musiker ist das quasi eine Fortbildung.
So ist es. Außerdem müssen sie sich alle in relativ kurzer Zeit mit einem Werk vertraut machen, von dem es natürlich noch keine Aufnahmen gibt. Sie müssen das Stück selbstständig erarbeiten, es eigenständig interpretieren. Und ganz nebenbei erweitern sie das Repertoire um ein zeitgenössisches Stück.

Das Gespräch führte Iris Hetscher - Weser Kurier vom 09.02.2016



Klavierwettbewerb mit Rekord - WK, 23.12.2015

95 Pianistinnen und Pianisten aus 25 Nationen möchten am 15. Europäischen Klavierwettbewerb Bremen teilnehmen. Dies sei Rekord – so viele Nachwuchsmusiker hätten sich noch nie beworben, teilt eine Sprecherin mit. Die Unterlagen wurden jetzt von der Zulassungssitzung des Wettbewerbs gesichtet. Die jungen Musiker stammen aus Europa sowie der Türkei und Israel; wie viele und wer vom 20. Februar bis zum 1. März 2016 der Jury und dem Publikum sein Können präsentieren darf, wird in den kommenden Wochen entschieden. Der Wettbewerb findet im Sendesaal und in der Glocke statt.

Zum ersten Mal beginnt der Europäische Klavierwettbewerb Bremen mit einem Kammermusikkonzert: Am 20. Februar spielt das Duo Yaara Tal und Andreas Groethuysen im Sendesaal Werke von Claude Debussy, Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert an zwei Flügeln und vierhändig an einem Flügel. Bis zum Finale mit den Bremer Philharmonikern am 1. März in der Glocke präsentieren sich dann die Teilnehmer einer international besetzten Jury. Ausgelobt sind Preisgelder in Höhe von insgesamt 23 500 Euro. Der Hauptpreis wird von der Sparkasse Bremen finanziert, der Publikumspreis wird vom WESER-KURIER gestiftet.

Von Iris Hetscher - Weser Kurier - 23.12.2015